Friedrich Oestreicher

Friedrich Oestreicher
* 12.05.1868 in München, deportiert am 20.11.1941
ermordet in Kaunas am 25.11.1941

Widenmayerstraße 36, München
Stolperstein noch nicht verlegt

Biografie

Friedrich Oestreicher
* 16.11.1885 in München deportiert am 20.11.1941
ermordet in Kaunas am 25.11.1941
Widenmayerstraße 36

Stolperstein noch nicht verlegt

Friedrich Oestreicher kommt am 16. November 1885 in München als jüngster Sohn des jüdischen Woll- und Fellgroßhändlers August Oestreicher und dessen Frau Louise Oestreicher, geb. Hofmann, zur Welt. Nach der Reifeprüfung an der Städtischen Höheren Handelsschule in München absolviert Friedrich Oestreicher 1903 bis 1905 eine kaufmännische Ausbildung in Triest. Danach wird er kaufmännischer Leiter einer Lederfabrik. Ab Oktober 1910 ist er Inhaber der Firma Heinrich Oestreicher & Söhne, Felle- und Lederfabrikation, im Wohn- und Geschäftshaus Klenzestraße 37, dessen Eigentümer er nun ist. In der Firma sind noch zwei Büroangestellte und ein Ausgeher beschäftigt. Daneben ist Friedrich Oestreicher Teilhaber der Glacélederfabrik Heidingsfeld Heinrich Oestreicher (gegr. 1897) in Würzburg. Am 22. Januar 1914 heiraten in München Friedrich Oestreicher und Ella Dittmann, geboren am 16. März 1890 in Bayreuth, Tochter von Nathan und Mina Dittmann. Das Ehepaar wohnt in der Widenmayerstr. 36 / III (1).

Nach der Pogromnacht am 9. November 1938 werden in ganz Deutschland etwa 30.000 – vorzugsweise wohlhabende – Juden verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen deportiert. Allein in Dachau sterben binnen kurzer Zeit fast 200 Juden. (2) Als einer von tausend Münchner “Aktionsjuden” wird auch Friedrich Oestreicher im KZ Dachau inhaftiert (3). Der Bericht eines jüdischen Geschäftsmannes schildert die Situation der im Zuge des Novemberpogroms im KZ Dachau verhafteten Juden: „Nach verschiedenen Personalaufnahmen wurden wir nach Dachau gebracht. Auch dort hatten wir verschiedene Personalaufnahmen zu erledigen, wurden fotografiert und mussten stundenlang warten, bis wir ins Badehaus kamen. Dort wurden [wir] nach dem Bade dem Arzt unter der Meldung vorgeführt: ‚Schutzhaftjude N.N. meldet sich gehorsamst zur Stelle‘. Ich, wie die meisten Häftlinge, bekam im Beisein des Stabsarztes Ohrfeigen rechts und links, weil die Meldung nicht laut genug war. Untersuchung wurde nicht vorgenommen, es wurde nur gefragt: ‚Krank oder Unfall gehabt?‘ In Haft blieben aber alle. […] Nach der ‚Untersuchung‘ kamen wir aus dem warmen Badehaus, bekleidet nur mit einem kurzen Hemde, Socken, Hose und Drillichjacke, ins Freie. Wir alle, ob wir, wie einzelne Münchner Herren, schon am frühen Morgen oder später eingeliefert wurden, mussten bis nachts 12 Uhr stehen. SS-Männer beaufsichtigten uns, und wenn einer gesehen wurde, der nicht genügend strammstand, gab es Ohrfeigen oder Stöße. Nach 12 Uhr wurden wir in die Baracken geführt. Dort gab es als einziges Essen des Tages Tee und Kommissbrot. Die Baracken selbst waren in vier Stuben eingeteilt; jede Stube bestand aus zwei Zimmern, berechnet für eine Belegschaft von 50 Mann. Belegt waren sie mit je 200 Mann.“ (4)

Die von den nationalsozialistischen Machthabern vorbereitete Inhaftierung der Juden steht im Zusammenhang mit der bereits Anfang 1938 angelaufenen “Arisierung” jüdischen Eigentums. Als einzigen Ausweg aus der Hölle des KZ sehen viele Juden den Verzicht auf ihren Immobilienbesitz, den ihnen die Nationalsozialisten “anbieten”. Friedrich Oestreicher wird noch im KZ Dachau gezwungen, sein Haus in der Klenzestraße 37 weit unter Wert zu verkaufen und seine Firma aufzulösen. Am 29. November 1938 unterschreibt er einen Kaufvertrag, nach dem sein Mietshaus in der Klenzestraße 37 für 87.000 Reichsmark an die Vermögensverwertungs-GmbH des SA-Brigadeführers Dziewas überschrieben wird. Diese verkauft das Haus am 13. November 1939 für 118.000 Reichsmark an den Bankangestellten Claudius D. Der Schätzwert des Hauses beträgt laut Brandkasse 146.700 Reichsmark. (5)

Die Maßlosigkeit und Gier, mit der sich der Staat und andere Profiteure des jüdischen Eigentums bemächtigen, geht aus dem Brief eines Münchner Geschäftsmannes, selbst SA-Mitglied und Bewunde