Jahresbericht der Initiative Stolpersteine für München e.V.
Initiative Stolpersteine für München e.V. – Bericht des Vorstandsvorsitzenden für das Jahr 2023
– 95 Stolpersteine verlegt im Jahr 2023 – nun insgesamt 276 Stolpersteine in München
– Rekordverlegungstätigkeit durch großzügige Spenden finanziert
– Intensive Zusammenarbeit mit Jugendlichen durch Praktika und
Workshops
– Erfolgreiche Vortragsreise in den USA
– Wunderschöne neue Webseite
– Ehrenmitgliedschaft für Ernst Grube
– Verlegung am 9. November durch Gunter Demnig
Mit und dank Euch hat die Initiative Stolpersteine für München e.V. ihr erfolgreichstes Jahr seit Gründung im Jahr 2008 erlebt.
Höhepunkte des Jahres waren die bewegenden und gut besuchten Verlegungen:
13. Januar
Thierschstraße 26 Tengstraße 27 Lindwurmstraße 17
16. Januar
Franziskanerstraße 7 Dachauer Straße 46
27. Januar
Ägyptisches Museum Römerstraße 28
10. März
Ickstattstraße 28 Isabellastraße 17 Georgenstraße 118
14. Mai
Ickstattstraße 28 Lindenschmittstraße 49
Brudermühlstraße 23 und Seestraße 8
9. November
Franz-Joseph-Straße 32 Agnesstraße 10 Lindenschmittstraße 43 – 49
Diese Rekordverlegungstätigkeit wurde durch Euch ermöglicht! Danke für die großzügigen Spenden.
Besonders berührend fand ich die Spende der weltbekannten Pianistin Yaara Tal für 5 Stolpersteine. Yaara, die selbst Initiative-Mitglied ist, hat auch Stolpersteine für ihre Mutter und Großmutter in der Slowakei verlegen lassen.
Auch sehr schön: die Spende von 500 € durch den Friseurladen Pony & Kleid in Schwabing. Julia und Team haben selbst gespendet – und bei ihrer Kundschaft für Stolpersteine eingesammelt.
Der erste Schritt zur Verlegung eines Stolpersteins ist das Einholen der Einwilligung des Hauses. Dies wird häufig durch das Einwerfen von „Anwerbungsbriefen“ in die Briefkasten des Hauses bewerkstelligt. Diese wichtige Tätigkeit wird oft von unseren Praktikant:innen – viele davon Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund – unternommen.
Toda raba dafür liebe Praktikant:innen. Auch für die Raps, Videos, Gedichte, Textbeiträge und Plakate zu den Themen Holocaust, Stolpersteine und Judentum, die Ihr erstellt, vorgetragen und betreut habt.
Unser Dank geht natürlich auch an die betreuenden Lehrkräfte und Leitungen der folgenden Schulen, die im Jahr 2023 uns Praktikant:innen schickten bzw. mich für Workshops buchten bzw. an unseren Verlegungen und anderen Veranstaltungen teilnahmen:
Anne-Frank-Realschule München
Evangelische Friedrich Oberlin Fachoberschule München
Gymnasium Ismaning
Gymnasium Weilheilm
Maria-Ward-Gymnasium Bamberg
Michaeli-Gymnasium München
Monte Balan Montessori Mittelschule München
Montessori Fachoberschule München
Pestalozzi Realschule München
PvD Gymnasium Schifferstadt
SABEL Realschule München
St.-Anna-Gymnasium München
Wilhelm-von-Röntgen Realschule München
Insgesamt haben ca. 700 Schüler:innen im Jahr 2023 an unserer Gedenkarbeit mitgewirkt. Besonders beliebt waren „Putzaktionen“.
Daß wir diese Arbeit 2024 fortsetzen und intensiver können wird durch eine Spende von Vonovia SE ermöglicht, die auch Eigentümerin der Georgenstraße 118, Isabellastraße 17 sowie Brudermühlstraße 23 ist. Toda raba! Auch an die Vonovia Mitarbeiter, die privat gespendet haben.
Reise in die USA im Juni. In deren Verlauf habe ich Vorträge in Zentren für Holocaust-Studien sowie Synagogen gehalten. Das Interesse und die Zustimmung waren riesig. Als Beispiel: Am 16. June habe ich die „Schabbat-Predigt“ vor 500 Mitgliedern der Gemeinde Temple Israel im Bloomfield Hills, Michigan gehalten. Mit 10.000 Mitgliedern ist Temple Israel die größte jüdische Gemeinde der Welt.
Besonders berührend für mich: Mein Vortag am 24. Juni in der Society for the Advancement of Judaism in New York. Ich wurde in diese fortschrittliche Reconstructionist Gemeinde „hineingeboren“.
Spenden von den Teilnehmer:innen der Vorträge in den USA haben meine Reise dort finanziert – sowie 5 Stolpersteine!
Seit zwei Wochen ist unsere neue Webseite online. Sie ist wirklich wunderschön – und voll mit umfassenden Informationen und innovativen Features. Die Webseite wurde von unserer idealistischen Freundin Jutta Pötter entworfen und vom fachkundigen Benjamin Malsy programmiert.
Diese große Leistung wurde durch die engagierte Arbeit meines Vorstandskollegen Bastian Ligniez sowie von Monika Offenberger ermöglicht. Bastian ist Vize-Rektor und Lehrkraft an der Städtischen Wilhelm-Röntgen-Realschule in Neuperlach. Seine Begabung, Schüler:innen für das Gedenken und für die Zivilcourage zu gewinnen, ist einmalig.
Seit mehr als einem Jahrzehnt führt Monika komplizierte Recherchearbeit sowie „Anwerbungstätigkeiten“ durch. Mit großem Einsatz und Erfolg.
Die Brüder Werner und Ernst Grube waren Child Survivors des KZ Theresienstadt – und treibende Kräfte hinter der Gründung der Initiative Stolpersteine für München e.V. Werner Grube ist leider 2013 verstorben. Ernst – mittlerweile 90 Jahre – ist ungebremst aktiv in Sachen Gedenken und sozialer Gerechtigkeit. Am 21. März wurde Ernst Grube das erste Ehrenmitglied der Initiative Stolpersteine für München.
Nun blicken wir zurück:
Es ist das Jahr 1992. Es gibt weder Stolpersteine noch die individuelle und dezentrale Erinnerung im Deutschland. Aber es gibt einen visionären Konzeptkünstler aus Köln: Gunter Demnig.
Was als Ein-Mann Kunstprojekt 1992 begann ist nun das größte Gedenkprojekt der Welt – mit 110.000 Stolpersteine in 1800 Städten in 31 Ländern. Und um Gunter und Katja Demnig ist eine große Gedenkfamilie gewachsen – mit 1200 lokalen Initiativen.
Deswegen war es uns eine besondere Ehre und Freude, dass unser lieber Freund Gunter München als Ort für seine Verlegungen am 9. November – Tag der Reichspogromnacht – gewählt hat.
Am Abend des 8. November hielt Gunter einen bewegenden und lebhaften Vortrag über das Entstehen der Stolpersteine – und über ihre Zukunft. Der Veranstaltungsort war absolut passend. Im Ägyptischen Museum und auf dem Gelände liegen10 Stolpersteine. Das Museum ist ein sehr beliebter Ort der Begegnung mit Geschichte und Gesellschaft.
Daß unser Stolpersteine-Jahr 2023 so erfolgreich war, ist dem Einsatz unseres Vorstands zu danken: Martin Kunert (Schatzmeister), Bastian Ligniez, Laura Ingianni Altmann, Gabriela Schneider und Olaf Tidelski, die sich trotz beruflicher Überlastung so vorbildhaft einbrachten.
Unser Sweet Honey Man Wolfgang Mahn (seine Glockenbach-Girls – Bienen – produzieren einen sehr schmackhaften Honig!) hat die Vorbereitungen und zum größten Teil die Verlegung der 95 Stolpersteine bewerkstelligt. Auf Wolfgang ist immer Verlass. Ich persönlich genieße sehr die Zusammenarbeit mit diesem kunstsinnigen und handwerklich einmaligen Mensch sehr.
Unsere Gedenkarbeit wird immer wichtiger. Denn Gedenken bedeutet auch Handeln – gegen Antisemitismus, Rassismus und Haß – und für Toleranz und Vielfalt. Deswegen werden wir unsere Bemühungen um das Gedenken im Jahr 2024 intensivieren.
Terry Swartzberg
25. Dezember 2023